Warum IPTs nicht die perfekte Lösung sind: Stichwort Arbeitszeiten

Landauf, landab, überall (jedenfalls in der Evangelischen Kirche von Westfalen) ist die Rede von IPT. IPT im Verständnis der EKvW bedeutet Interprofessionelles Pastoralteam. Gemeint ist damit, dass pastorale Aufgaben im konstruktiven Miteinander von Pfarrerinnen und Pfarrern sowie Diakonen und Gemeindepädagoginnen oder Mitarbeitenden aus Kirchenmusik und Verwaltung/Organisation wahrgenommen werden, also eine Form einer gleichberechtigten Zusammenarbeit im Team. Der Gedanke des IPTs ist wirklich zu begrüßen, denn jahrzehntelang war der Pfarrer (später dann auch die Pfarrerin) die Allzweckwaffe, der/die angeblich alles in Kirche konnte (und dementsprechend viele Sonderpfarrämter sind auch im funktionalen Dienst über die Jahrzehnte entstanden). Ich bin selber Pfarrer und ich kann nicht alles! Ich weiß das! Daher ist es super, wenn andere Berufe endlich in den Blick genommen werden und diese Professionals in der Gemeinde und in der Kirche gleichberechtigt arbeiten! Daneben gibt es natürlich noch andere Gründe, warum IPTs gerade boomen. Stichworte sind hier: Nachwuchsprobleme bei Pfarrer*innen, kirchliche Angestellte sind billiger als verbeamtete und diese Stellen lassen sich auch besser befristen/ändern, also mehr Flexibilität…

In der Praxis führt gerade dieses Ungleichgewicht aus verbeamtet oder angestellt aber zu Problemen. Eines davon ist die Arbeitszeit. Für kirchliche Angestellte in der EKvW gilt nach BAT-KF §6 Abs. 1 eine regelmäßige Arbeitszeit von durchschnittlich 39 Stunden pro Woche. Und für verbeamtete Pfarrerinnen und Pfarrer? Tja, anders als in der EKiR gibt es in der EKvW noch keine verbindlichen Arbeitszeitregelungen. Das verbindliche Terminstundenmodell der EKvW geht daher von durchschnittlich 48 Stunden pro Woche als maximale Arbeitszeit aus (Auf die rechtliche Debatte, ob die EU-Richtlinien zur Höchstarbeitszeit im innerkirchlichen Raum bei verbeamteten Pfarrer*innen anzuwenden sind, gehe ich hier nicht ein, ich verweise allerdings auf den Aspekt der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, aus dieser lässt sich mittelbar auch eine Pflicht zur Begrenzung der Arbeitszeit bei verbeamteten Pfarrer*innen ableiten.).

Okay, verbeamtete Pfarrer*innen arbeiten also mehr als Angestellte im IPT, aber dafür bekommen die verbeamteten Pfarrer*innen ja auch die Privilegien des Beamtenstatus. Ja, die Mehrarbeit wird durch andere Dinge ausgeglichen. Ich möchte aber auf den praktischen Aspekt der Arbeitszeitdiskrepanz in einem IPT eingehen: Gehen wir einmal davon aus, dass es im Verkündigungsdienst einer Gemeinde ein IPT aus einem Pfarrer und einer angestellten Diakonin gibt. Beide haben eigene Seelsorgebezirke, beide führen Gottesdienste und Kasualien durch. Die Diakonin protokolliert ihre Arbeitszeit in Rahmen eines Jahresarbeitszeitkontos, der Pfarrer nicht. Heute ist der 12. Dezember und das Jahresarbeitszeitkonto der Diakonin zeigt an, dass das jährliche Soll erreicht ist. Und schon hat das Presbyterium ein Problem: Soll die Diakonin jetzt Freizeitausgleich machen, im Dezember mit Advent und Weihnachten und vielen zusätzlichen Veranstaltungen? Oder Überstunden, sagen wir gut 80, die dann in das nächste Jahr mitgenommen werden können und dort mit Freizeit ausgeglichen werden? Oder die Überstunden besser gleich bezahlen? Hoffentlich gibt der Haushalt das noch her! Bei dem verbeamteten Pfarrer stellen sich diese Fragen dem Presbyterium alle nicht (auch wenn sie es vielleicht sollten). Und dann wird auch noch dieser verbeamtete Pfarrkollege krank!

Pastorale Aufgaben sind dadurch gekennzeichnet, dass nicht alle, gerade Kasualien, im Vorfeld mit ihrer Arbeitszeit (ein)planbar sind. Das Terminstundenmodell versucht dem Rechnung zu tragen, indem es bei einer vollen Pfarrstelle von 21 Terminstunden pro Woche ausgeht, die Hälfte der wöchentlichen Arbeitszeit soll also frei von festen Terminen bleiben. Mit der Einführung eines IPTs und der Beschäftigung von Angestellten im pastoralen Dienst einer Gemeinde muss sich ein Presbyterium aber darüber klar sein, dass gerade bei anfallender Mehrarbeit ein zusätzliches Konfliktfeld entsteht: Während sich der verbeamtete Pfarrer nur schwer gegen nicht bezahlte Überstunden wehren kann, kann dies eine angestellte Diakonin sehr wohl! Dem Presbyterium bleibt dann nur die Wahl, diese Überstunden einzufordern (und damit auch zu bezahlen) oder die Mehrarbeit dem verbeamteten Pfarrer aufzubürden.

Vor der Einrichtung eines IPTs ist es daher unerlässlich, sich als Presbyterium realistisch mit den Aufgaben und der daraus resultierenden Arbeitszeit für das IPT auseinanderzusetzen. Ich berate Sie gerne.