Gottesdienste nach dem Minjan-Prinzip

Ein Pfarrer und guter Bekannter aus der Nordkirche, der mehrere Jahre in Mecklenburg-Vorpommern auf dem Land gearbeitet hat, erzählte mir, dass er mit zwei Kollegen in seiner Gemeinde das Minjan-Prinzip für Sonntagsgottesdienste eingeführt hat. Er und seine Kollegen waren es leid, zu Gottesdiensten zu fahren, um dann festzustellen, dass neben den Menschen, die im Gottesdienst arbeiten (Pfarrer, Organist, Küster) nur ein oder zwei Gemeindeglieder – manchmal auch gare keine – in den Gottesdienst kamen. Und bei den vielen sonntäglichen Gottesdiensten und den vielen Kirchen sich dieses Bild oft mehrmals am Sonntag wiederholte.

Minjan-Prinzip heißt, Gemeindeglieder verabreden sich vorher zu einem bestimmten Gottesdienst und Pfarrer und Organist kommen, wenn eine Mindestanzahl von Menschen im Vorfeld zugesagt haben, zu kommen. „Wir kommen gerne und feiern gerne häufig Gottesdienst, aber alleine Gottesdienst feiern ist nicht möglich.“ Minjan ist im Judentum das Quorum von 10 oder mehr religionsmündigen Juden, um einen vollständigen Gottesdienst abhalten zu können.

Ob man sich jetzt am jüdischen Quorum orientiert oder von mindestens 15, 20 oder 25 Menschen ausgeht, sollte jede Gemeinde für sich entscheiden. Das Minjan-Prinzip hat aber mehrere positive Effekte: es entsteht eine engere Bindung und Verpflichtung, wenn ein Gemeindeglied sich vorher (analog oder digital) für einen Gottesdienst anmeldet. Es ist für den Pfarrer und Organisten besser möglich, sich auf diese Gruppe einzustellen, denn nicht alle Lieder eignen sich für alle Gruppen und auch besondere (Predigt-) Wünsche lassen sich so schnell umsetzen. Und ganz wichtig: für den Kirchkaffee weiß man schon genau, wie viele Tassen Kaffee und Tee benötigt werden ;-).

In der Mecklenburger Gemeinde führte das Minjan-Prinzip jedenfalls dazu, dass sich in den verschiedenen Dörfern Menschen ganz bewusst verabredet haben und gerne den Gottesdienst im Kontext von Familienfeiern gebucht haben. Der Gottesdienstbesuch insgesamt nahm sogar leicht zu.

Das Minjan-Prinzip eignet sich vielleicht nicht für alle Gottesdienststätten, denn es setzt eine gewissen Bindung zu einem bestimmten Ort voraus. Es kann aber auch nur zeitweise – z.B. im Rahmen der Winterkirche oder bei Pfarrstellenvakanzen – eingesetzt werden. Oder aber im Vorfeld der Reduktion von Predigtstätten, um Gemeindegliedern zu zeigen, dass ein Gottesdienst an einem bestimmten Ort nur mit Menschen auch zu einem Gottesdienst wird.